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„Covid-19 ist kein Schnupfen“

22.04.2020
Lesedauer 3 Minuten


Mit einem offenen Brief haben sich heute unter anderem Steffen Große, Landesvorsitzender der Partei „Freie Wähler Sachsen“ und Dr. Mario Stein, stellvertretender Landesvorsitzender der Partei „Freie Wähler Sachsen“ und Vorsitzender des Fachausschusses Gesundheit der Partei „Freie Wähler Sachsen“, an den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer gewandt. In dem Schreiben fordern die Unterzeichner „die sofortige Beendigung des Lockdowns in Sachsen, das Ende der Kontaktsperre, die sofortige Öffnung aller Schulen und Kindereinrichtungen, Freibäder, Geschäfte sowie gastronomischen Einrichtungen und die sofortige Normalisierung des Lebens im Freistaat Sachsen.“

Der Vorstand des Landesverbandes „Freie Wähler Sachsen e.V.“ distanziert sich ausdrücklich und entschieden von dieser Position, die eine private Einzelmeinung der drei Unterzeichner darstellt. „Wer jetzt die sofortige Beendigung des Lockdowns fordert und von einer Normalisierung des Lebens im Freistaat träumt, der hat die vergangenen drei Monate entweder in völliger Abgeschiedenheit des Lebens verbracht oder überhaupt nichts von der Coronapandemie verstanden“, ärgert sich Bernd Gerber, Vorsitzender des Landesverbandes „Freie Wähler Sachsen e.V.“. Selbstverständlich könne jeder Mensch seine private Meinung haben, es dürfe aber nicht der Eindruck entstehen, Steffen Große, Dr. Mario Stein und die ebenfalls unterzeichnende Heike Oehlert,
Kreisvorsitzende der Partei „Freie Wähler Sachsen“ im Landkreis Leipzig, würden für alle „Freien Wähler“ in Sachsen sprechen.

Im Freistaat gibt es mehr als 960 Wählervereinigungen, die in den Räten der Ortschaften, Gemeinden, Städte und Kreise vertreten sind. 91 Bürgermeister werden von Wählervereinigungen gestellt. „Gerade die Oberbürgermeister und Bürgermeister kämpfen in den Städten und Gemeinden an der vordersten Front, um die Pandemie einzudämmen. Eine weitere Lockerung des Schutzmaßnahmen würde alle ihren bisherigen Bemühungen zunichte machen und große Teile der Bevölkerung gefährden“, so Bernd Gerber.

Weiterhin wird in dem Schreiben der Partei „Freie Wähler Sachsen“ behauptet, dass Convid-19 nicht gefährlicher sei als Influenza. Fakt ist, das sich die Influenza wegen ihrer kürzeren Inkubationszeit schneller verbreitet als Covid-19. Allerdings gibt es bei Covid-19 mehr schwere Infektionsverläufe, bleiben die Patienten länger auf den Intensivstationen, gibt es keine Herdenimmunität,
keine Impfungen und sind die langfristigen Folgen der Krankheit für genesene Patienten noch gar nicht abzusehen. „Covid-19 ist kein Schnupfen. Wer den Eindruck erweckt, man könne diese neue Viruserkrankung auf die leichte Schulter nehmen, der handelt grob fahrlässig“, sagt Bernd Gerber.

Für ihn ist nicht nachvollziehbar, wie die drei Unterzeichnenden zu der Einschätzung kommen, die Covid-19-Welle sei in Sachsen bereits überwunden. „Niemand kann heute sagen, wer schon erkrankt war und wer vielleicht niemals erkrankt. Die Behauptung, wir hätten diese Krankheit überwunden, halte ich deshalb für vollkommen weltfremd“, so Bernd Gerber.

Dass die Verfasser des offenen Briefes die Gefahren, die von Covid-19 ausgehen, offensichtlich nicht einmal in Ansätzen verstanden haben, zeigt auch der Verweis auf die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele weitere Personen eine infizierte Person im Durchschnitt ansteckt. Um das Gesundheitssystem in Deutschland nicht zu überlasten, gilt ein Wert deutlich unter 1 als erstrebenswert. „Wenn dieser Wert in Deutschland jetzt unter 1 liegt, dann liegt das nicht nur am Lockdown, sondern auch daran, dass die Menschen ihr Verhalten bereits geändert haben, bevor Kitas, Schulen und die meisten Geschäfte geschlossen worden“, sagt Bernd Gerber.

Der langjährige Oberbürgermeister der Stadt Werdau, heutige Werdauer Stadtrat, Kreistagsmitglied der „Freien Wähler“ im Landkreis Zwickau und Ortsvorsteher von Königswalde im Landkreis Zwickau weiß, dass der Lockdown viele Menschen persönlich stark belastet und die Sachsen in allen Bereichen von der Bildung über die Unternehmen bis hin zu den Kommunen vor ungeahnte Herausforderungen stellt. „Doch diese Krise meistern wir nur gemeinsam und dazu gehört auch, dass wir nicht durch eine zu frühzeitige und allumfassende Öffnung alles zerstören, was wir uns durch den Verzicht der vergangenen Wochen abgerungen haben. Es gibt keinen Grund für Panik, die Berichte aus anderen Ländern zeigen uns aber auch, dass wir gut beraten sind, in dieser Situation sehr besonnen zu reagieren.“